Memoiren eines Lichtträgers / Der Preis des Runs / Wissen macht frei / ... and never ever deal with Dragons

Aus Shadowiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

Bei den folgenden Text handelt es sich um die Fortsetzung der Memoiren eines Lichtträgers aus dem Tagebuch des Runners Silencio, aus dem später die Aufzeichnungen des Teams Bulletproof wurden, welches schließlich den Orden der Lichtträger neu gründete.
Jedes initiierte Mitglied der Lichtträger erhält ein Exemplar dieser Aufzeichnungen unter der Auflage es nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, dennoch erschienen Ende 2075 erste Teile der Aufzeichnungen in verschiedenen Data Havens. Ob es sich um Verrat oder eine Art von Rekrutierungsflyer der Lichtträger handelt ist bislang unbekannt.
Der aktuelle Stand der Veröffentlichung hier, entspricht dem Stand der Veröffentlichung ingame vom 15.10.2076.

Bisher erschienene Kapitel:

Achtung Spoiler! SPOILERWARNUNG! Achtung Spoiler!
Dieser Text kann Informationen enthalten durch die der "Genuss" folgender Romane und Abenteuer eingeschränkt wird:

Romane:

Abenteuer:


Timecode 01.10.2054 / 20:00:00

Ich war erst vor wenigen Stunden aus der Schattenklinik entlassen worden, in der ich mein Cyberwareupgrade hatte vornehmen lassen. Die alte, schwere Dermalpanzerung war durch eine leichtere ersetzt worden, während gleichzeitig meine Kunstmuskeln verstärkt wurden. Ich musste einfach schneller werden.
Jedenfalls hatte das Ganze rund 170 Riesen gekostet und damit mein Erspartes halbiert. Aber was tut man nicht alles, um in den Schatten zu überleben.
Jetzt war ich auf dem Weg zu meiner Garage und stellte fest, daß sich die Gangzeichen in diesem Teil der Puyallup Barrens verändert hatten. Als ich hundert Meter von meiner Garage entfernt noch immer keine Zeichen meiner Garagenschutzgang vorfand, wurde ich ein wenig nervös. Vielleicht würden meine neuen KuMus demnächst ihren ersten realen Einsatz erleben. Ich schritt in die Einfahrt zu meiner Garage und stellte auf den ersten Blick fest, daß sich die Anzahl der Einschußlöcher in den Wänden der Einfahrt und des kleinen Hofes deutlich vermehrt hatten. Auch mein mit Mannluk versehenes Garagentor hatte deutlich mehr Beulen als in meiner Erinnerung und ich fing in Gedanken bereits an, eine Rechnung zu schreiben, als einer der Ganger, die für den Schutz meiner Garage zuständig waren, aus den Schatten des Hinterhofes trat.
„Hoi, Silencio! Sorry Alter, aber daß war echt too much für uns.“. Er humpelte ein paar Schritte auf mich zu und mir fiel auf, daß er keine Gangfarben mehr trug.
Ancients, Alter. Warum haste uns nich‘ gesagt, daß du dich mit denen angelegt hast?“. Sein Blick hatte etwas ernsthaft Vorwurfsvolles und ich fragte mich, ob der Vorwurf vielleicht berechtigt war.
„Laß uns erstmal rein, Brick.“, versuchte ich ihn zu besänftigen.
„Joey, Alter, einfach Joey. „Brick“ iss nich mehr. Die Gang iss tot!“.
Sah ich da wirklich Tränen in den Augen des Gangers? Ich war mir nicht sicher.
„Okay, Joey, laß uns reingehen.“, versuchte ich es erneut.
„Kannste vergessen, Alter. Die Bude iss nich mehr sicher. Die Spitzohren waren da drin. Frag mich nicht was sie gemacht haben, aber es hat ihnen nicht gereicht reinzukommen. Sie haben die Gang ausgelöscht. Außer Mark, Steve und mir sind alle tot.“.
Die Namen sagten mir nichts, aber wahrscheinlich hatte ich sie nur unter ihren Gangnamen gekannt.
„Und wo sind die beiden?“.
„Steve iss raus aus der Stadt, wollte zu seiner Schwester nach Denver. Und Mark liegt noch im Koma. Glaub nich, daß der durchkommt und die Kohle iss auch alle.“.
Wir kamen langsam zum Kern der Sache.
„Kein Problem, Joey. Geld ist hier grad echt nicht das Problem.“.
„Iss ja nich für mich, aber der Straßendoc sagt, wenn nicht bald Kohle kommt, stellt er die Maschinen einfach ab. Du weißt doch, Freunde haste immer so viele, wie Creds aufm Stick.“.
„Wieviel braucht ihr?“. Wenn die Gang wirklich von den Ancients aufgeraucht worden war, konnte ich den Jungs keinen Vorwurf machen. Die Ancients spielten zwei bis drei Ligen über ihnen. „Fünf….besser acht Tausend.“, kam von Joey.
Ich gab ihm zehn und nahm ihm das Versprechen ab, erreichbar zu bleiben sollte ich noch Fragen an ihn haben. Er versprach, sich zu melden sollte er die Stadt verlassen und rauschte ab. Zeit die Jungs (sorry leon) anzurufen.

Timecode 01.10.2054 / 20:35:00

Während ich auf das Eintreffen meiner Chummer wartete, tätigte ich einen kurzen Anruf bei Empty Space. Ich braucht eine neue Bude und diesmal sollte es ein wenig gediegener sein. Das schien Empty Space vor keine Herausforderung zu stellen, denn er unterbreitete mir direkt vier Vorschläge. Ich entschied mich für ein nettes Einfamilienhaus mit diskretem Hausdiener auf Council Island. Mir wurde versichert, die Bude wäre in zwei Stunden bezugsfertig und ich überwies die Miete für sechs Monate im Vorraus.

Ator traf als erstes ein. Er hatte die letzten Wochen in Zwiesprache mit Alligator verbracht und schien sich seiner magischen Fähigkeiten mehr als bewusst und von überschießendem Selbstbewusstsein erfüllt. „Die Müslis haben deine Garage auseinander genommen? Und wir stehen hier noch rum?“.
„Fahr mal ’n paar Manaebenen runter, Chummer.“, versuchte ich, ihn und seine Lautstärke runter zu bremsen.
„Ist nicht dein Ernst? Du willst das auf dir sitzen lassen? Hey, mach dir keine Sorgen, ich bin dabei. Wer einem der meinen ans Bein pinkelt, pinkelt mir ans Bein. Und wer mir ans Bein pinkelt wird gefressen!“. Ein breites, selbstgefälliges Grinsen machte sich im Gesicht unseres Krokomanten breit und ich war mir nicht ganz sicher, ob da nicht mehr Alligator, denn Ator Gilla sprach.
„Ist ja gut, Großer. Wir klären das. Aber ich würd gern erstmal mein Zeug hier raus holen, wenn noch was da ist. Und es wär nicht verkehrt, wenn wir dabei die Augen offen halten. Nicht, daß die Ancients uns hier ein paar nette Überraschungen hinterlassen haben.“.
„Soll ich mal astral vorchecken? Moment…“. Ator schloß die Augen und ließ sich einfach nach vorne kippen. Als er in meinen Armen landete, hatte er bereits in den Astralraum gewechselt und sein Körper verhielt sich wie leblos.
„Da scheint dir aber einer zu vertrauen…“, kam aus der Hofeinfahrt. leon hatte sich nahezu lautlos genähert und ich zuckte kurz zusammen.
„Mir wär lieber er würde mal öfter seiner Dusche vertrauen. Der stinkt als käme er direkt aus der Kanalisation!“. Ich verzog leicht angewidert das Gesicht und legte Ator neben mir ab.
„Kennst doch seine Bude.“, kam von JD, der ebenfalls gerade die Hofeinfahrt entlang kam.
„Hoi, JD. Klar, aber wer sich ’nen Trideoanschluß in die Kanalisation legen läßt, um Pornos gucken zu können, sollte auch in der Lage sein, sich ’ne Dusche installieren zu lassen.“.
„Jetzt hab‘ dich mal nicht so!“, leon grinste breit, „Du weißt doch selbst, wie das in der Pubertät mit euch Jungs ist.“.
Ich ließ diesen Seitenhieb kommentarlos stehen.
Ator schlug die Augen auf. „Hab‘ erstmal nichts Ungewöhnliches gefunden. Das muss aber nichts heißen.“.
„Das soll mir reichen.“. Ich öffnete das Mannluk und trat in meine Garage.

Drinnen schien alles an Ort und Stelle und wir begannen, alles in einen von JD mitgebrachten Van zu verladen. Als ich meinen zusammengerollte Futon schulterte pickste mich irgendetwas und ich setze ihn ab, um nach der Ursache zu suchen. Ich fand eine cirka fünf Zentimeter lange, knapp zwei Millimeter dicke Kristallnadel.
„Was ist das denn?“, fragte ich niemanden im Speziellen.
Die anderen kamen zu mir und beäugten meinen Fund.
„Auf jeden Fall ist es magisch! Seltsam, daß es mir vorhin nicht aufgefallen ist.“. Ator wirkte verunsichert, was so gar nicht zu seinem bisherigen Auftreten paßte. „Magisch?“. Das konnte nichts Gutes bedeuten.
„Ja….es…crazy!“ Ator hatte auf Astralsicht gewechselt und versuchte aus dem, was er wahrnahm schlau zu werden. „Moment….hier sind noch andere….“. Ator ging zu meinem Gummibaum, der sich schon beim Bezug der Garage darin befunden hatte. „Hier!“. Er zog eine weitere „Nadel“ aus dem Nährschwamm, auf dem mein Ficus elastica wuchs. „Raffiniert! Hahahaa….genau….!“ Ator ging zu der, von mir als Mülleimer genutzen, blauen Plasttonne und beugte sich hinein. „Und du beschwer dich nie wieder über meine Hygienevorstellungen!“, sagte er, als er mit einer dritten Nadel in der Hand aus der Tonne auftauchte. „Die Mikroorganismen hier drin haben ausgereicht, um das Ding hier zu tarnen.“. Ich war sprachlos. Und musste kurz über den möglichen Rückschluß auf meinen Futon nachdenken.
„Das macht voll Sinn! Wenn es magisch ist, kann man Biomasse nutzen, um es zu tarnen.“. JD schien tatsächlich begeistert von dieser Art der Tarnung. Ich beschloß, mich von meinem Futon zu trennen. „So ungefähr. Zumindest macht es das Aufspüren schwerer. Aber dennoch hätte ich sie finden sollen….seltsam…“. Ator schien diese Erklärung nicht zu reichen, dennoch war er auch jetzt nicht in der Lage sagen zu können, welche Art von Magie von den Nadeln ausging. Seine Schilderung der astralen Wahrnehmung der drei Nadeln erinnerte am ehesten an ein unregelmäßig gewickeltes Fadenknäuel. Er selbst hatte so etwas noch nie gesehen und blieb weitere Antworten schuldig.
Wir schafften meine Sachen ohne weitere Überraschungen in den Van und brachen hier die Zelte ab.

Timecode 01.10.2054 / 23:45:00

Wir hatten meinen Kram auf Council Island in meiner neuen Bude abgestellt, die tatsächlich bezugsfertig war und mit einem Hausdiener aufwarten konnte, der sich nach astraler Überprüfung durch Ator als vertrauenswürdig erwies. Daher hatte ich keine Probleme damit, ihn bereits am ersten Abend mit meinem Zeug allein zu lassen. Den relevante Kram, Waffen, Munition und Hightechspielzeug, hatte ich bei JD untergebracht. Man konnte ja nie wissen.
Kurz darauf hatte Ator über seine Taliskrämerin einen Termin bei einem Experten für magische Überwachung klar gemacht, vor dessen Haustür wir nun standen. Auch wenn ich das Ziel der Ancients gewesen war, waren wir uns einig das Reden in diesem Fall Ator zu überlassen, der dementsprechend den schweren Türklopfer nutze, um unsere Anwesenheit zu melden.

Sekunden verstrichen, dann wurde die schwere Eichentür von einer grazilen, jungen Frau mit exorbitanten sekundären Geschlechtsmerkmalen geöffnet. Ich hielt sie zunächst wegen ihrer spitzen Ohren für eine Elfe. Ator klärte mich später auf, daß es sich um einen Verbündeten unseres Gastgebers handelte.
„Guten Abend, mein Name ist Ator Gilla. Leah schickt mich. Ich habe Arbeit für Meister Bragg.“. Stellte sich Ator, außergewöhnlich höflich, vor und erklärte den Grund unseres Hierseins.
„Ja, Braggy erwartet euch. Tretet ein. Ihr könnt mich Dalia nennen.“. Die scheinbare Elfe öffnete die Tür weiter und ließ uns ein.
Ich kam mir vor, wie in ’nem schlechten Fantasy-Sim. Nur die Bezeichnung „Braggy“ paßte irgendwie nicht in den Kontext. Die Wände der Eingangshalle waren dunkel getäfelt und massive Kerzenhalter an der Täfelung waren die einzige Beleuchtung. Schwere Vorhänge aus einem violetten Stoff hingen vor den Fenstern und hielten das Licht der, in diesem Stadtteil funktionierenden, Straßenlaternen draußen. Mannshohe Ölgemälde, Originale oder Repliken, hingen an den Wänden und ein, mit einem kreisrunden Mandala verzierter Teppich bedeckte den Boden.
Wir wurden in einen Nebenraum geführt, wo uns Meister Bragg (Braggy?) hinter einem antiken Schreibtsch in Empfang nahm. Wider Erwarten trug er einen modernen Geschäftsanzug, paßende Schuhe und keine Kopfbedeckung. Irgendwie hatte ich mit einem grauhaarigen Kerl mit spitzem Hut und Talar gerechnet. Ich war angenehm überrascht.
„Guten Abend. Wie ich hörte haben Sie Arbeit für mich?“.
Jedenfalls hielt sich der Kerl nicht mit Smalltalk auf. Er wurde mir immer sympathischer.
„Ja, wir haben einige magische Artefakte, deren Sinn und Zweck wir gerne erfahren würden.“.
Offensichtlich schien unter Zauberschleudern eine Vorstellung obsolet. Ator legte die drei Nadeln auf den Schreibtisch und trat einen Schritt zurück.
Braggy blickte kurz auf die Nadeln, dann fixierte er jeden Einzelnen von uns kurz und blieb an leon hängen.
„Sie sind erst seit Kurzem in diesem Team?“, sprach er sie an.
„Ähh…ja, aber ich wüsste nicht, was das mit den Dingern da zu tun hat.“. leon schien etwas verunsichert.
„Oh…Sie missverstehen mich. Ich wollte Ihnen nichts unterstellen. Seien Sie beruhigt! Ich versuche nur, mir ein Bild zu machen.“.
Das klang irgendwie nicht gut in meinen Ohren. Und ich sollte Recht behalten.

Wie sich herausstellte waren JD, Ator und ich Ziel einer magischen Gedankenblockade geworden. Man hatte unsere Erinnerungen nicht gelöscht, sondern nur blockiert. Dies allerdings so raffiniert, daß Ator die Erinnerung an alles, was die selbe astrale Signatur wie der Zauber enthielt, sofort blockiert wurde. Und da schloß sich der Kreis zu den Kristallnadeln, denn diese zeigten eben jene Signatur. Dies erklärte, weshalb er sie auf astrale Weise nicht finden konnte, aber nicht, wer sie, zu welchem Zweck bei mir hatte „installieren“ lassen. Die Ancients schienen für mich keine ausreichende Erklärung.
Was mich fast noch mehr beunruhigte war, daß Braggy den Ursprung der Magie als nicht-metamenschlich klassifizierte. Er wollte sich nicht wirklich festlegen, aber wenn Ator ihn richtig verstanden hatte, hielt er es für Drachenmagie oder zumindest für sehr alte Magie. Dennoch war Braggy gegen eine nicht unerhebliche monetäre Transaktion für ihn und Karma für seine Verbündete bereit und in der Lage, die Gedankenblockade aufzuheben. Und plötzlich war alles wieder da:

Fuck, FUCK, FUCK!!!

Nachdem uns Braggy noch mitgeteilt hatte, daß die Gedankenblockade mit einem Gedankenmanipulationszauber kombiniert war, den er bei Ator aus unbekannten Grund nicht beseitigen konnte, verabschiedeten wir uns und machten uns auf in Richtung Ators Bude. Es gab einiges, was leon erfahren musste und hier nicht besprochen werden konnte.

Timecode 02.10.2054 / 03:20:00

Wir hatten es uns also in Ators Bude; einem aus zwei Räumen, einem kurzen Flur und einem Minibad bestehenden, mit einem Magschloß vor ungebetenen Besuchern geschützten, Teil der Kanalisation von Tacoma; gemütlich gemacht und leon über unsere Erlebnissen mit den beiden Elfen und ihrem Ritual, sowie der Theorie, daß beide schon deutlich länger als üblich auf diesem Planeten wandelten, vertraut gemacht. Sie hatte an einigen Stellen ungläubig gelacht, an anderen, wie dem legendären Panther-Kanonen-Kopfschuß von Jack, um den Drachen in Ehrans Refugium zu erledigen, skeptisch die Augenbraue gehoben. Als wir schließlich zu dem Teil mit der Kerkerwand, den beiden Elfen und Goldauge kamen war sie endgültig sprachlos.
„Ja, und das Beste an der ganzen Geschichte ist, daß wir bis vor wenigen Stunden selbst keinen Schimmer von der ganzen Geschichte hatten!“ schloß ich unsere zusammengewürfelten Erinnerungen.
„Ob Jack sich wohl erinnern kann?“, fragte Ator. „Schließlich ist er ja sicher nicht ohne Grund ausgestiegen. Vielleicht wusste er mehr, als er uns erzählt hat.“.
„Ich glaub nicht, daß Jack uns schaden wollen würde.“, warf JD verteidigend ein.
„Eben drum, vielleicht wollte er uns einfach nicht beunruhigen. Ich meine, selbst jetzt, wo wir es wissen, was machen wir mit dem Drek?“. Ich war unschlüssig. Klar war aber, daß viele Dinge nun in einem ganz anderen Licht zu betrachten waren. Aber in welchem?
„Ich geh‘ jedenfalls erstmal pissen!“ verkündete Ator ungefragt und machte sich daran, den Aufstieg zum gesicherten Kanaldeckel in Angriff zu nehmen.
„Und wieso machste das nicht hier?“ fragte ich irritiert.
„Wasser iss abgestellt. Hab‘ wohl vergessen, die Rechnung zu bezahlen.“ antwortete Ator mit lässiger Selbstverständlichkeit und einem Zwinkern im Auge.

Wir wandten uns wieder der noch immer sprachlosen leon zu.
„Erde an leon: Jemand zu hause?“, versuchte ich sie ins Hier und Jetzt zu holen.
„Jaja….aber ich glaub’s trotzdem nicht. Ihr verarscht mich doch hier. Das ist irgend so ein Runnerinitiationsritual. Ihr Amis habt doch alle diese Meise! Unsterbliche Elfen und Kopfschüsse für Drachen! Am Ende war Goldauge Lofwyr persönlich…“.
Offensichtlich reichten JDs und meine Blicke, um sie erneut zum Verstummen zu bringen. Man hörte in der plötzlichen Stille sogar, wie der Kanaldeckel geöffnet wurde. Doch statt dem erwarteten Ator kamen zwei Granaten von oben herunter und explodierten mit einem lauten „Puff“
. „Gas!“, kam von leon, der es noch gelang, einen Respirator vor ihr Gesicht zu bekommen, während JD und ich dem Gas zum Opfer fielen.

Als ich etwa zwanzig Minuten später wieder zu Bewusstsein gelangte, war ich an Händen und Füßen mit Kabelbindern gefesselt. Meine Cyberware gab keine Rückmeldung, gerade so, als wäre sie überhaupt nicht vorhanden und ich starrte in das Gesicht eines Fremden.
Kräftig gebaut für einen Menschen, kupferrotes Haar und seltsam silbrig gesprenkelte Augen, die direkt bis in meine Gedanken zu blicken schienen.
„Mein Name ist Quicksilver und ich wurde geschickt, um Dunkelzahns Besitz zu finden. Es gibt keinen Grund zur Beunruhigung. Ich weiß, daß ihr ihn nicht mehr habt, aber ich will alles wissen, was ihr darüber wisst.“
Dunkelzahn? Fuck! Hatten wir bei dem Zugüberfall tatsächlich Dinge aus dem privaten Besitz des Großdrachen entwendet? Zum hunderttausendsten Mal machte ich mir einen gedanklichen Vermerk, in Zukunft mehr Backgroundinfos zu sammeln, bevor ich mich auf einen Run einließ.
Ein kurzer Rundumblick ließ mich erkennen, daß ich mich noch immer in Ators Bude befand. Aber wo waren meine Chummer?
„Ich sage hier gar nichts, solange ich nicht weiß, wo meine Chummer sind. Und du, Feuerlocke, solltest sehen, daß du weit weg bist, wenn ich hier freikomme!“, versuchte ich es mit der natürlichen Arroganz des Shadowrunners.
Ich erntete nur Gelächter. „Hahahaa, Silencio, du verhälst dich exakt, wie Dunkelzahn prophezeit hat. Nur leider habe ich keine Zeit für diese Spielchen, denn die Spur der Beute wird stetig kälter. Um deine Chummer mach dir keine Gedanken. Die liegen gut verschnürrt nebenan.“
Der Kerl kannte nicht nur meinen Namen, sondern schien direkt mit Dunkelzahn zu korrespondieren, was ihn in meinen Augen ein bis zwei Ligen nach oben katapultierte. „Ich will sie sehen, dann reden wir.“. Was blieb mir anderes?
Tatsächlich öffnete auf einen Wink von Oberliga-Feuerlocke eine Blondine, deren innere Werte an Cyberware nach meiner Einschätzung auf Basis der Geschmeidigkeit ihrer Bewegungen, ihren äußeren Werten in nichts nachstanden; und sie war echt ’ne Granate, für ’ne Sapiens sapiens; die Tür zum Nebenraum, in dem sich meine Chummer, inklusive Ator, gefesselt und in der Obhut eines Magiers befanden. Während andere magisch Begabte in den Schatten gelernt hatten, ihre Befähigung durch ihren Kleidungsstil zu kaschieren, schien dieser Kerl exakt die gegenläufige Strategie zu fahren. Entweder also ein Angeber oder ein Monster. Ich hoffte Ersteres, befürchtete aber Letzteres. Klar war: “Kill the mage first!!!“.
„Mach dir keine Hoffnungen.“, unterbrach Quicksilver meine Gedanken, als könne er sie lesen. „McFaren steckt uns alle in die Tasche.“. Dabei nickte er kurz in Richtung des Magiers und grinste breit. Blondie schloß die Tür wieder und mir blieb nichts übrig, als den beiden von unserem Überfall auf den Zug zu berichten.
Nachdem ich geendet hatte, ohne daß Feuerlocke oder Blondie sich irgendetwas hatten anmerken lassen, verpaßte mir Quicksilver mit den Worten, “Wenn Dunkelzahn Recht hat, sehen wir uns beim nächsten Mal unter freundlicheren Umständen.“ ein Tranqpatch.

Timecode 02.10.2054 / 10:36:42

Ein schneller Blick auf meine Smartwatch ließ mich beim Wachwerden nicht nur erkennen, daß ich gut und gern fünf Stunden weggetreten gewesen war, sondern auch, daß meine Cyberware ihre Funktion wieder aufgenommen hatte. Neben mir schien JD gerade die Wirkung des Patches, daß sich noch immer auf seiner linken Halsseite befand, abzuschütteln. leon und Ator hingegen schlummerten noch friedlich. Ich entfernte die Patches, in der Hoffnung sie so etwas schneller wieder zu Bewusstsein gelangen zu lassen und wandte mich dann JD zu.
„Irgendwelche Ideen?“.
„Nicht wirklich. Aber Quicksilver kenne ich irgendwoher und ich befürchte, er hat nicht gelogen, als er behauptete in Dunkelzahns Auftrag hier zu sein.“.
„Na super! Hast du sonst noch was über ihn?“.
„Ja, ich meine, er macht ab und an den Leibwächter für Nadja Daviar.“.
„Du meinst jetzt aber nicht DIE Nadja Daviar? Dunkelzahns Sprecherin?“. Ich musste fragen, auch wenn ich mir die Antwort schon denken konnte, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
„Doch! Genau die meine ich.“, gab JD leicht zerknirscht zurück.
Das, gemeinsam mit Quicksilvers letztem Satz, gab mir den Rest…

Fortsetzung

Die Fortsetzung der Story um die Runner findet sich unter "Memoiren eines Lichtträgers / Urbane Prädatoren‎"

Quellen

Die geschilderten Geschehnisse beruhen auf den Erlebnissen der SC-Gruppe von Benutzer Goronagee. Neben den oben genannten Romanen und Abenteuern fanden folgende Sourcebooks Verwendung:

Liste der Sourcebooks:

Weblinks