Memoiren eines Lichtträgers / Flaschendämon - Part 1 - 3

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Bei den folgenden Texten handelt es sich um das Tagebuch des Runners Silencio, aus dem später die Aufzeichnungen des Teams Bulletproof wurden, welches schließlich den Orden der Lichtträger neu gründete.
Jedes initiierte Mitglied der Lichtträger erhält ein Exemplar dieser Aufzeichnungen unter der Auflage es nicht an die Öffentlichkeit gelangen zu lassen, dennoch erschienen Ende 2075 erste Teile der Aufzeichnungen in verschiedenen Data Havens. Ob es sich um Verrat oder eine Art von Rekrutierungsflyer der Lichtträger handelt ist bislang unbekannt.
Der aktuelle Stand der Veröffentlichung hier, entspricht dem Stand der Veröffentlichung ingame vom 15.10.2076.

Bisher erschienene Kapitel:

Achtung Spoiler! SPOILERWARNUNG! Achtung Spoiler!
Dieser Text kann Informationen enthalten durch die der "Genuss" folgender Romane und Abenteuer eingeschränkt wird:

Romane:

Abenteuer:

Mel 36: Flaschendämon Part 1 / Inbesitznahme[Bearbeiten]

Timecode 13.02.2055 / 15:00:00[Bearbeiten]

Unser neuer Chummer war ein Glücksgriff für unser Team. Er schien genau die magische Verstärkung zu sein, die wir brauchten, er war neu im Geschäft und gierig auf Connections und Nuyen. Dazu die Tatsache, dass es eine seltsame Verbindung zwischen ihm und unserem Team zu geben schien (immerhin hatte auch er an der seltsamen Umfrage teilgenommen), machte es praktisch notwendig, ihn zu integrieren. Puppetmaster wurde also unsere hermetische Verstärkung und wir hatten vor, ein wenig Geld zu verdienen.
Allerdings mussten wir auf die harte Tour lernen, was es bedeutete, mit der Reputation eines Massenmörders in den Schatten von Seattle unterwegs zu sein.
Ich wusste ja, dass für viele in Redding der nächste Kontakt in die UCAS, und damit in die alten USA, in Seattle saß, dennoch hätte ich nicht damit gerechnet, dass uns unsere Taten mit solcher Wucht einholen würden.
Unsere Connections waren schwer zu erreichen, an Treffen war kaum zu denken und Jobs schien es keine zu geben. Selbst mein alter Kumpel Empty Space schien nicht in der Lage zu sein, uns etwas zu vermitteln.
Uns blieb also nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen und die Zeit für uns arbeiten zu lassen.
Nach zwei Wochen hatten wir die Nase voll und unser Neuzugang meinte mit Yoshiros Bar&Restaurant eine gute Location zu kennen, an der man Jobs findet, wenn man niemanden kennt. Er selbst konnte aufgrund einer familiären Verpflichtung nicht dabei sein, aber er wünschte uns viel Glück.
Ich dachte kurz darüber nach, was es über ihn aussagte, dass er solche Locations kannte und ob wir uns dort wirklich blicken lassen sollten. Letztendlich hatten wir aber nichts zu verlieren, und so wie es im Moment lief, konnte es nicht bleiben.
So saßen wir also, zu einer für uns völlig ungewohnten Uhrzeit in einem Schuppen, in dem wir niemanden kannten und versuchten so zu wirken, als würden wir die angenehmen Seiten des Lebens in den Schatten genießen, während wir in Wahrheit darauf hofften von einem, noch unbekannten, Mr. Johnson angesprochen zu werden.
Und es dauerte tatsächlich nicht lange bis uns ein Typ in einem langen schwarzen Regenmantel und einem Spazierstock in der Hand mit einem Blick fixierte, der uns unmissverständlich klar machte, dass er hier war, um Leute wie uns anzuheuern.
Er wirkte nervös und warf sich in kurzen Abständen Nüsse, Pfefferminzbonbons oder ähnliche Knabbereien in den Mund. Nachdem er seinen Mantel und Stock an der Garderobe abgegeben hatte, kam er zielstrebig auf uns zu, und wir bemerkten einen kleinen, mit einem Sicherungsband an seinem Handgelenk befestigten Koffer, den er bei sich führte.
„Guten Abend, meine Damen, meine Herren. Topal ist mein Name. Sind Sie die, die man Bulletproof nennt? Wenn ja, wäre es mit eine Ehre, Sie zu einem kleinen Essen und einer kleinen Geschäftsbesprechung einladen zu dürfen. Wenn Sie Interesse haben, folgen Sie mir einfach.“ Der Kerl legte ein ordentliches Tempo vor, aber das konnte uns nur recht sein. Schließlich waren wir nicht hier, um einen netten Nachmittag zu verbringen und er hatte das magische Wort gesagt: „Geschäftsbesprechung“.
Unser potentieller Auftraggeber schob sich eine weitere Knabberei in den Mund und ging zielstrebig in den Restaurantbereich des Yoshiros. Wir waren ein wenig verblüfft. „Einladung hat er gesagt?“ Dust fand als erste die Fassung wieder.
„Ja, hat er.“ leon war schon halb aufgestanden und auch Ator und ich hatten an einer solchen Einladung nichts auszusetzen.
Als wir an seinem Tisch ankamen war er gerade dabei, eine Vorspeise zu bestellen. Der Kerl schien wirklich Hunger zu haben, denn er beließ es nicht bei der einen, sondern bestellte noch zwei weitere Vorspeisen, sowie drei Hauptgerichte und vier Nachspeisen.
Dann legte er die Karte beiseite. „Ihr seit natürlich eingeladen. Bestellt, wonach euch der Sinn steht.“ Er machte eine einladende Geste und schob sich ein weiteres Pfefferminz, denn darum handelte es sich bei den Knabbereien, wie leon Dank ihres guten Geruchsinns feststellte, in den Mund.
Nachdem wir unsere Bestellungen aufgegeben hatten und die ersten zwei der von Topal georderten Vorspeisen aufgetischt worden waren, begann unser potentieller Mr. Johnson mit seiner Story.
Letztendlich lief es auf einen Leibwächterjob hinaus. Jeder von uns sollte 10.000NY für lediglich drei Stunden Arbeit erhalten. Unser Auftraggeber wollte für eine geschäftliche Transaktion Rückendeckung. Leider war er nicht willens oder in der Lage, Details auszupacken, und auch das Geld war leon deutlich zu wenig, aber angesichts unserer aktuellen Lage erklärten wir uns bereit, den Job zu übernehmen. Und wenn es nur war, um an unserer Reputation zu arbeiten.
Dennoch war mir die Informationslage etwas zu dürftig.
„Befürchten Sie, eine dritte Partei hat etwas gegen Ihre Transaktion? Oder was genau ist Ihre Sorge?“, hakte ich nach.
„Mir geht es in erster Linie darum, das Treffen zu überleben. Mehr kann und möchte ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.“
„Aber es geht um das Objekt in dem Köfferchen?“, fragte leon mit einem Blick auf den gesicherten Koffer an seinem Handgelenk.
„Exakt! Aber das braucht Sie nicht weiter zu kümmern. Wenn wir uns einig sind, treffen wir uns morgen früh um 03.00 Uhr hier vor dem Lokal. Ich zahle 5.000 jetzt und weitere 5.000 nach dem erfolgreichen Abschluß meines Geschäftes. Sollten Sie nicht erscheinen, weiß ich, dass auf Sie kein Verlaß ist. Sollte ich nicht auftauchen, behalten Sie die 5.000. Sind wir uns einig?“
Natürlich waren wir das.

Timecode 13.02.2055 / 15:50:00[Bearbeiten]

Wir zogen uns in Ators Gaskammer zurück, um einige Nachforschungen über unseren Johnson anzustellen. Immerhin hatten wir einen Namen: „Topal“.
Es dauerte knapp eine Stunde, bis leon erste Ergebnisse vorweisen konnte.
Topal oder Pietr Figowrenko, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, war ein Rabenschamane und Taliskrämer, der wohl schon mit oder für Anson Helm gearbeitet hatte. Er schien auch Verbindungen zur Manadyne Corporation zu besitzen und hatte 2050 einen Taliskrämerladen, „The guided hand“, in Seattle eröffnet, der in der vorletzten Nacht einem Brand zum Opfer fiel. Offenbar hatte er einige Tage zuvor, am 10.02.2055 einen Bekannten mit dem Namen Simon Templeman tot in der Rettungsstelle des Seattle General eingeliefert, wie wir aus einer Lokalnotiz erfuhren, als wir auch den Realnamen „Pietr Figowrenko“ durchlaufen ließen.
„Tja, offenbar hat es da jemand auf unseren Johnson abgesehen“, fasste leon zusammen, was sie in Erfahrung gebracht hatte, „und offenbar hängt es mit dem zusammen, was er da in seinem Köfferchen hat.“
„Und es erklärt seine Pfefferminzbonbons“, warf Ator ein. „Rabenschamanen sind praktisch immer dabei, irgendwas zu kauen“. Er warf leon einen abschätzigen Blick zu. „Soviel zu deiner Ghultheorie!“
„Die war doch schon vom Tisch, nachdem der wirklich das ganze Zeug gegessen hat, was er da bestellt hat, oder?“ fragte Dust unsicher. „Ist ja okay, aber findet ihr es nicht auch seltsam, dass er seinen Chummer tot in ’ner Notaufnahme abgibt und kurz darauf sein Laden abbrennt? Da besteht doch irgendein Zusammenhang. Ich check den mal…“ leon wandte sich wieder Ators Computersystem zu, und es dauerte nicht lange, bis sie Infos zu Templeman ausgegraben hatte.
Offensichtlich war er ein akademischer Forschungshermetiker mit den Schwerpunkten Beschwörung und Astralraumtheorie und gehörte irgendeinem magischen Orden an, von dem wir noch nie gehört hatten. (Manchmal ist man hinterher schlauer und beißt sich in den Arsch!)
Er hatte einige Veröffentlichungen gemacht und in den letzten Jahren war er wohl viel im Südpazifik unterwegs gewesen.
Aus irgendeinem Grund, den ich mir bis heute nicht erklären kann, schaffte leon sofort eine Verbindung zwischen all den Fakten.
„Es scheint doch so zu sein, dass das, was auch immer Topal da in seinem Köfferchen hat, Grund für die gesamte Situation ist, also vielleicht auch für den Tod seines Chummers.“
Ich musste ihr ins Wort fallen. „Wieso? Wie kommst du darauf, dass das alles miteinander zusammenhängt? Das ist doch Schwachsinn!“ Ich weiß, ich habe vielleicht etwas überreagiert, aber dieses ins-Blaue-Spekulieren von leon brachte mich immer wieder auf die Palme.
„Ich versuche doch nur, alle Fakten zusammen zu bringen. Damit alles einen Sinn ergibt“, verteidigte sich leon.
„Ja, aber wer sagt, dass es überhaupt einen Zusammenhang gibt? Vielleicht hat das alles nichts miteinander zu tun.“
„Ach komm, Sille. Beide sind magisch begabt. Einer besucht den anderen und stirbt. Kurz darauf brennt der Laden des anderen ab und er sucht uns als Schutz für ’ne Transaktion. Klar gibt es da einen Zusammenhang.“ leon wollte einfach nicht locker lassen.
Ich schnaufte nur, mich mühsam wegen ihrer erneuten Verwendung ihres Lieblingsnamens für mich beherrschend, und Dust ergriff das Wort.
„Okay, aber was bedeutet das für uns und unser/sein Treffen? Müssen wir mit magischer Opposition rechnen?“ Ihr Blick ging in Richtung Ator. „Nichts für ungut, aber dann sind wir eigentlich nicht das richtige Team.“
„Vielleicht hat er einfach nur soviel Kohle in dem Köfferchen, dass allein das ihn schon zum Ziel macht“, wandte ich ein.
Es mündete darin, dass wir wilde Fantasien entwarfen, was in dem Köfferchen sein könnte. Insbesondere Ator zeigte mehr und mehr Interesse an dem Inhalt und überlegte sogar, ob er nicht einfach anbieten solle, den Inhalt zu erwerben. Letztendlich einigten wir uns aber, Geld verdienen und nicht ausgeben zu wollen und verabredeten uns für kurz vor 03.00 Uhr vor Yoshiros Bar&Restaurant.

Timecode 14.02.2055 / 02:55:00[Bearbeiten]

Wir hatten uns auf „leichtes Besteck“ geeinigt, dennoch hatte ich einer Eingebung folgend meine Ares Alpha mitgenommen. Man konnte ja nie wissen. Auch wenn Ator versichert hatte, ausreichend gegen magische Opposition gerüstet zu sein, war mir etwas unbehaglich zumute. Ich saß in meinem Bulldog vor Yoshiros Bar&Restaurant, wußte die anderen auf ihren Maschinen und nur auf mein Zeichen wartend.
„Alles klar bei euch?“, fragte ich an.
„Wir sind bereit und hängen uns hinter dich, sobald du fährst“ antwortete leon für das Team.
Kurz darauf fuhr ein unauffälliger Jackrabbit an mir vorbei und Topal winkte mir zu.
„Los geht’s!“ brummte ich ins Mikrofon und setze den Bulldog in Bewegung.

Wir fuhren zirka eine halbe Stunde und landeten in einem Industriegebiet nördlich des Seattler Hafens. Kurz darauf erreichten wir einen umzäunten Schrottplatz, auf dem mehr oder minder gepresste Autos zu bis sechs Meter hohen Wällen aufgetürmt waren. Überraschenderweise war einiges an Bewegung auf dem Schrottplatz auszumachen.
Topal umrundete ihn zu drei Vierteln, um dann in einer Seitengasse zu parken und auszusteigen.
Wir hielten ganz in seiner Nähe und schlossen zu ihm auf.
leon entdeckte einen Troll, der scheinbar wartend in einiger Entfernung eine Kippe rauchte.
„Wir müssen hier lang“, gab Topal die Richtung vor. Wir nahmen ihn in unsere Mitte und näherten uns einem am Straßenrand stehenden Autowrack.
Topal kroch hinein und öffnete eine Luke im Boden des Fahrzeugs, unter der sich ein Tunnel verbarg.
„Hier müssen wir runter“, erklärte der Schamane.
Ich schob den Lauf meiner Ares Alpha in den Tunnel und stieg dann hinab. Die anderen folgten und nach wenigen Dutzend Metern kamen wir in einem ähnlichen Fahrzeug auf dem Schrottplatz wieder heraus.
Ich streckte meinen Kopf aus dem Fahrzeug und ließ einen kurzen Rundumblick mir einen ersten Eindruck verschaffen.
„Alles clean hier. Lasst uns rausklettern und Topal wieder in die Mitte nehmen!“ gab ich weiter und zwängte mich durch das Seitenfenster ins Freie.

Nachdem wir einige Meter hinter uns gebracht hatten und von all der Bewegung, die hier geherrscht hatte, als wir den Schrottplatz umfuhren, nichts mehr zu bemerken war, wurden wir nervös.
„Soll ich mal schnell astral die Lage checken?“ fragte Ator.
„Ich weiß nicht. Vielleicht sollten wir auf Topal konzentriert bleiben“, gab ich zurück, ohne in meiner Aufmerksamkeit von der Umgebung abzulassen.
„Hier scheint alles ruhig zu sein. Seltsam eigentlich“, meinte leon.
Dust schielte um die nächste Ecke. „Da steht ein Elf!“
Wir verharrten.
„Und wenn ich mich nicht irre hat er ’ne Rückendeckung links oben hinter sich“. Dust wandte sich fragend schauend zu uns um.
„Moment…“, raunte Topal und warf selbst einen Blick um die Ecke. „Irgendwas stimmt hier nicht.“ Er löste den Sicherheitsverschluß des Köfferchens und gab es an Ator, ließ den Sicherheitsverschluß wieder zuschnappen und verschwand mit den Worten „Pass kurz darauf auf. Ich sehe mich mal um. Sie werden nicht auf mich schießen, wenn ich es nicht dabei habe. Ihr wartet hier“ in Richtung des Elfen.
Wir nahmen als einzige Reaktion Ator und das Köfferchen in unsere Mitte.

Dann brach plötzlich die Hölle los. Wir erkannten mehrere Personen in den Schatten des Schrottplatzes und orientierten uns gerade neu, als ein bisher lautlos an der Szenerie teilhabender Aztech-Kampfhubschrauber sich lautstark mit zwei Salven aus seinem Bord-MG zu Wort meldete und Topal und den Elfen in blutige Fetzen schoß.
„Die haben gerade unseren Auftrag geschrottet, oder?“ rief Dust.
„Nee, haben sie nicht. Ator hat den Koffer“, antwortete leon selbstsicher.
„Aber der Auftrag sah vor, daß der Typ überlebt“, beharrte Dust.
„Hör auf zu flennen!“ Ich konnte jetzt keine negative Einstellung vertragen. “Wir sollten uns aufs Überleben konzentrieren.“
Also suchten wir Deckung, scheiß auf den Johnson, und rannten.

Wir erreichten den Zugang zum Tunnel und gelangten hindurch. Gerade als wir unsere Fahrzeuge erreichten, schlug eine Feuerwand durch den Tunnel in das abgewrackte Fahrzeug, das als Tarnung auf der Straße gedient hatte und schickte es endgültig ins Autonirvana. Wir gaben Gas und verließen in unterschiedliche Richtungen die Umgebung.

Timecode 14.02.2055 / 04:30:00[Bearbeiten]

Wir trafen uns wie verabredet unter einer baufälligen Brücke in Puyallup. Auch wenn wir sicher waren, nicht verfolgt worden zu sein, wollte niemand ein Risiko eingehen, solange wir nicht wussten, was Ator da am Handgelenk hatte. Kein Wunder also, dass wir uns zunächst genau damit beschäftigten.
Von außen war absolut nichts außergewöhnliches an dem Koffer. Es handelte sich um einen handelsüblichen Kurierkoffer mit Handgelenk-Sicherheitsverschluß.
Nach der kurzen Überlegung, wie wir den Koffer von Ators Handgelenk lösen sollten, zog er es vor, zunächst einmal einen astralen Blick auf das Innere des Koffers zu werfen. Hierzu musste er zwar astral projizieren, aber wir fühlten uns sicher genug, um ihm dies zu ermöglichen. „Tja, also da drin ist eine Holzbox. Und so wie es aus der herausleuchtet, also astral meine ich, weiß ich nicht, ob ich da meinen Kopf reinstecken möchte. Lasst uns den Koffer öffnen!“ Ators Interesse schien noch gestiegen zu sein.
leon fummelte kurz an dem Koffer herum und es stellte sich heraus, dass der Koffer selbst gar nicht verschlossen war.
Wir überließen es Ator den Koffer zu öffnen. Schließlich war er an sein Handgelenk gekettet.
Wir fanden ein Kästchen aus dunklem Holz mit schwarzen Schriftzeichen darauf. Niemand von uns konnte damit irgendetwas anfangen.
Lediglich ein kleines Holzstäbchen verschloss das Kästchen, welches Ator nicht davon abhielt, es mit einer kleinen Handbewegung zu öffnen. Darin fand sich ein länglicher Gegenstand, fast in der Größe des Kästchens, welcher mit schwarzem Samt bedeckt war.
Ator lüftete den Samt und wir erblickten ein Zepter, an dessen Spitze ein violetter, kreisrund geschliffener Kristall von fünf Zentimetern Durchmesser, eingefasst in eine dämonenhafte Kreatur, steckte.
Ator konnte nicht umhin, das Objekt astral zu askennen und fasste seinen Eindruck in ein einziges Wort und er sprach es aus, als er nach dem Zepter gegriffen hatte: „Machtvoll!“
Ator blickte sich um, und ich sah ein gefährliches Funkeln in seinen Augen.
„Wollen wir nicht nochmal zurück gehen und gucken, ob der scheiß Hubschrauber noch da ist?“
Normalerweise nahm Ator alligatorähnliche Züge an, wenn er so drauf war und meistens nahm es dann kein gutes Ende. Dieses Mal blieb das aus, aber ich hatte das Gefühl unser Krokomant musste dringend Energie ablassen.
Wir konnten ihn davon abbringen und schließlich sogar davon überzeugen, das Zepter wieder in das Kästchen und dieses in den Koffer an seinem Handgelenk zu stecken.
Ihm behagte das nicht wirklich und er schien tatsächlich ein wenig darunter zu leiden, aber wir wollten kein Risiko eingehen.

Mel 37: Flaschendämon Part 2 / Fluch der Macht[Bearbeiten]

Timecode 14.02.2055 / 05:22:00[Bearbeiten]

Nachdem Dust, der wir am meisten Kompetenz in diesen Dingen zutrauten, schließlich hatte sie gemeinsam mit Sky ähnliche Jobs für Ares Ares erledigt, die Situation auf dem Schrottplatz analysiert hatte, waren wir uns einig, dass mindestens drei Parteien beteiligt gewesen waren.
Der „Käufer“, mit dem sich Topal auf dem Schrottplatz hatte treffen wollen, Topal und wir und eine weitere Partei, bestehend aus Hubschrauber und Bodenteams.
Dust hatte von Sky erfahren, dass Aztech vor wenigen Tagen ein Manöver mit den nahezu lautlosen Aztechnology Aguilar-EX über den Barrens von Seattle abgehalten hatte, was nahelegte, dass eben Aztech diese dritte Partei war. Wer sonst als ein Triple-A-Kon hätte es gewagt, solche militärischen Waffen über oder im Stadtgebiet einzusetzen?
Klar schien auch, dass wir nicht die geringste Chance gehabt hätten, lebend zu entkommen, wären wir gemeinsam mit Topal zum Treffpunkt marschiert. Das gab uns doch etwas zu denken, und auch wenn ich es für ausgeschlossen hielt, dass man das Artefakt und damit uns ohne Hilfe von Magie würde finden können, war a) der Einsatz von Magie nicht auszuschließen und b) eben doch möglich, dass irgendwer uns hatte vom Ort des Geschehens wegfahren sehen.
Wir trennten uns also abermals und machten uns auf den Weg in die Redmond Barrens, um nicht zu lange an einem Ort zu bleiben.

Gegen sechs Uhr klingelte mein Handkom. Die angezeigte Nummer war mir unbekannt, umso verwunderter war ich, eine bekannte Stimme zu hören: „Hallo Silencio, schön, dass ich Sie erreiche.“
Anson Helm, schoss es mir durch den Kopf. Der Schieber, der uns im Rahmen des Chal’han angeworben hatte. Wir waren ja bereits bei unseren Nachforschungen zu Topal auf seinen Namen gestoßen. Wir hielten ihn aber bisher lediglich für einen Kunden Topals. Sein Anruf jetzt deutete auf eine engere Verbindung hin.
Ich presste ein „Hallo“ über meine Lippen. Irgendwie behagte mir sein Anruf nicht.
„Sie erinnern sich an mich? Ich habe gehört, dass der letzte Job zu dem ich Sie vermittelt habe, nicht so ganz glatt lief… Vielleicht kann ich mich revanchieren.“
Ich war mir nicht ganz sicher, welchen Job er meinte. Hatte er am Ende seine Finger bei dem Deal von Topal mit im Spiel?
„Wir brauchen einen Unterschlupf!“ war alles, was mir einfiel.
„Bleiben Sie in Bewegung! Ich sehe, was ich tun kann und melde mich wieder.“ Dann war die Leitung tot.
Ich setzte mich sofort mit meinem Team in Verbindung und verkündete die unerwartete Neuigkeit, die allerdings auf wenig Interesse stieß.
Um 0615 erreichte uns über unseren Newsfeed die Nachricht, dass es unter der Brücke, unter der wir vor weniger als einer Stunde noch gestanden hatten, zu Explosionen und einen Großbrand gekommen war. Das verlieh dem „Bleibt in Bewegung!“ von Helm neue Bedeutung und unserer Teamparanoia neue Nahrung.

Timecode 14.02.2055 / 06:25:oo[Bearbeiten]

Wir trafen uns in einer verlassenen Lagerhalle in einem der dunkelsten Bereiche der Redmond Barrens. Alle außer Ator standen ein wenig unter Strom. Dust wollte den Koffer auf Wanzen scannen, was wir vielleicht schon viel früher hätten tun sollen, was aber daran scheiterte, dass nicht über die notwendige Ausrüstung verfügten. Also wollten wir den Koffer loswerden, allerdings schien Ator das anders zu sehen. Er stellte wieder einmal unter Beweis, dass man einen Alligator-Schamanen nur schwer von einem einmal eingeschlagen Weg abbringen konnte, und war nicht bereit, den Koffer herzugeben. Auch die Einwände von leon und Dust, er könne das Artefakt doch ebenso gut in seinem Rucksack mit sich rumschleppen, brachten kein Erfolg. Wir würden also weiter mit dem Koffer durch die Gegend rennen müssen.
Wir einigten uns auf eine Liste von fünfzehn potentiellen Treffpunkten, die wir durchnummerierten, um später nur noch Zahlen kommunizieren zu müssen und brachen zu Treffpunkt eins auf.
Kurz nach sieben fanden wir uns alle in einer leerstehenden Wohnung im ersten Stock eines Abbruchhauses wieder. Ich hatte Position am Fenster bezogen und behielt die Straße im Auge. leon hatte ihr Motorrad oder besser dessen Sicherheitssystem auf weitläufige Überwachung geschaltet und erhielt regelmäßig Statusupdates.
Ich war mir nicht sicher, was als nächstes zu tun war und würde selbst auf einen erneuten Anruf von Helm warten, den wir alle als Profi schätzten.
leon war dieses Vorgehen deutlich zu passiv. Sie schien sich sicher zu sein, dass wer auch immer an dem Artefakt Interesse hatte, früher oder später auf uns zukommen würde. Dann wollte sie vorbereitet sein.
In unsere Überlegungen schaltete sich kurz vor Sonnenaufgang Anson Helm mit einem Anruf bei mir wieder ein.
„Ich weiß ja nicht genau, was ihr da mit euch rumschleppt, aber A ist bereit euch das Zehnfache von dem zu bezahlen, was euch geboten wurde, das Objekt zu übernehmen und den Rest zu vergessen. Ihr habt eine halbe Stunde Bedenkzeit.“
Etwas perplex fragte ich zurück: “Das Zehnfache von wieviel? Sag mal ’ne konkrete Zahl!“
„Das Zehnfache von X“, fiel mir leon mit einem Augenzwinkern ins Wort.
„Ich habe den Auftrag, euch dieses Angebot zu überbringen. Ich habe keine Ahnung und es interessiert mich auch nicht.“ gab Helm trocken zurück. „Nutzt die halbe Stunde und meldet euch dann bei mir.“ Dann war die Leitung wieder tot.

leon hatte sofort Nuyenzeichen in den Augen. Dust hielt es für eine gute Idee, das Artefakt zu übergeben und so weiterem unnötigen Ärger aus dem Weg zu gehen. Schließlich hatte bisher jeder von uns nur 5.000NY erhalten und die Aussicht auf mehr Geld und weniger Ärger war auch mir durchaus angenehm. Einzig Ator zickte rum. Er ging sogar soweit, uns Geld anzubieten, um das Artefakt behalten zu dürfen. Ich versuchte ihm klar zu machen, daß das unser Problem nicht lösen würde. Natürlich konnten wir das Artefakt behalten, aber wir würden gejagt werden und am Ende waren die Ressourcen eines Triple-A-Konzerns größer als unsere. Wir würden uns nicht ewig verstecken oder den Weg frei schießen können. Wir brauchten eine Alternative.
„Ok, das kann ich verstehen. Was ich nicht verstehe ist, wie die uns orten. Ich selbst hab‘ das Artefakt nicht astral wahrnehmen können, solange es in dem Koffer war. Ich glaube nicht, dass die uns astral folgen, es muss etwas anderes sein“, grübelte Ator. Dann wurde seine Miene finster. „Irgendwas stimmt hier ganz und gar nicht. Ich habe das Ding vorhin nur berührt und konnte seine Kraft spüren, und ich denke, ich hätte sie auch anwenden können. Das dürfte so nicht sein!“
Ich sah ihn verständnislos an.
„Naja, es sieht zwar so aus, als könnten wir magische Gegenstände einfach so benutzen, aber wie meist ist die Realität etwas komplexer. Bevor ein Erwachter einen magischen Gegenstand benutzen kann, muss er ihn an sich binden. Ist das einmal erledigt, reicht zugreifen. Der Prozess der Bindung ist aber ein aktiver, magischer Prozess, der seinen Ursprung beim Erwachten findet. Versteht ihr was ich meine?“
„Worauf willst du hinaus?“ fragte Dust.
„Ich hätte die Kraft des Artefakts nicht spüren dürfen!“ Der Versuch, besondere Bedeutung in seine Worte zu legen, scheiterte an dem Unverständnis von Dust und mir.
„Wenn die uns, wie auch immer, orten können, dann können wir das doch nutzen, um sie dahin zu locken, wo wir sie haben wollen.“ leon war gedanklich ganz woanders und schien die Bedeutung von Ators Worten nicht wahrzunehmen. „Wir könnten uns entsprechend vorbereiten und sie in einen Hinterhalt locken. Den Hubschrauber, die Bodenteams ausschalten.“
„Und dann, was machen wir dann? Da kommen doch mehr.“ Dass leon die prekäre Lage nicht verstehen wollte, ging mir nun etwas auf die Eier. „Du willst dich nicht ernsthaft mit Aztech anlegen!?!?“ Spätestens seitdem Helm von „A“ gesprochen hatte, war endgültig klar, mit wem wir es zu tun hatten.
„Ja, aber dann bleibt uns doch nichts anderes, als Helm anzurufen und ja zu sagen“, entgegnete sie leicht schmollend.
Ich blickte auf die Uhr. 07:32. Wir waren schon zu lange an einem Ort. „Wir könnten auch versuchen, das Artefakt zu verstecken und unterzutauchen. Ator, es liegt bei dir. Was machen wir?“
Ator blieb unentschlossen und wir machten uns auf den Weg zum nächsten Treffpunkt.

Timecode 14.02.2055 / 07:40:00[Bearbeiten]

Ich war gerade hinter das Lenkrad meines Bulldog gehüpft, als Helm – fünf Minuten vor Ablauf der halben Stunde, die er uns gegeben hatte – anrief.
„Hey Chummer, ist ja irre. Ich will gar nicht wissen, wie ihr euch entschieden habt. Ihr müsst eh gleich nochmal reden. Es gibt noch jemanden, der Interesse hat.“
Ich war etwas verblüfft, ob der ungewohnten Anrede und der Euphorie in Helms Stimme.
„Und wir sind momentan bei einer Million Nuyen! Und die übernehmen sogar meine Spesen.“
Jetzt verstand ich beides.
„Also überlegt mal, ob ihr auch bereit seid, es an jemanden anderen als an A zu verkaufen. Und ich seh mal, ob ich rausfinde, wer das ist. Ist ja vielleicht auch nicht ganz irrelevant für eure Entscheidung. Und vielleicht gibt es ja sogar noch andere Interessenten. Ihr scheint da einen Riesentreffer gelandet zu haben.“
Ich schluckte zweimal. „Ok, wir hören uns.“ Dann unterbrach ich die Verbindung. Meine Sinne sollten auf mein direktes Umfeld konzentriert sein, wenn wir einen „Millionentreffer“ gelandet haben sollten.

Gegen 08:15 Uhr erreichte ich den nächsten Treffpunkt. Ich hatte halb befürchtet, Ator würde sich absetzen, da er unterwegs nicht erreichbar gewesen war, aber auch er erschien, mit dem Köfferchen, am Treffpunkt.
Helms Nachricht schlug hohe Wellen. Insbesondere die Aussicht auf 250.000 NY für jeden von uns, ließ den Druck von leon und Dust auf Ator steigen.
Zwar war leon noch immer der Meinung, den oder die Interessenten austricksen zu können, während Dust davon ausging, dass wir eine Übergabe mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht überleben würden, dennoch waren sie sich einig, das Artefakt loswerden zu wollen.
Die steigenden Summen brachten mich zu der Überlegung, ob wir nicht einfach noch ein wenig pokern und Zeit schinden sollten. Vielleicht würde der Preis noch steigen.
Dann rief Helm wieder an: „Sagt mal, habt ihr schon mal den Namen Goronagee gehört? Ich auch nicht, aber der ist bei 1.5 stehen geblieben. Ich melde mich.“
Wir blickten uns fragend an. 1.5 Millionen NY. Eine weitere Partei. In was waren wir geraten?
Ator murmelte:“Goronagee… irgendwo habe ich das gelesen… kann es sein, daß der Name bei unseren Nachforschungen schon mal aufgetaucht ist?“ Ich hielt das für unwahrscheinlich. Einen so ungewöhnlichen Namen hätte ich mir gemerkt. Aber leon schien sich auch zu erinnern und kramte ihren Taschensekretär hervor. Sie suchte fast eine Dreiviertelstunde vergebens, bis ich uns antrieb, den Ort zu wechseln.

Timecode 14.02.2055 / 09:40:00[Bearbeiten]

Während der Fahrt zum nächsten Treffpunkt hatte ich die verschiedenen Newsticker gecheckt, aber es gab keine Hinweise auf weitere Feuer oder Explosionen im Zusammenhang mit unseren genutzten Treffpunkten. Was mich etwas aufatmen ließ.
Vor Ort versuchte leon erneut ihr Glück in der Matrix. Auf einem Verschwörungstheortikerboard zum Thema „Unsterbliche Elfen“ wurde sie fündig. Das über Goronagee angelegte Dossier ließ uns aufhorchen. Einem unsterblichen Elfen, ob er das nun wirklich war oder nicht, würden wir das Artefakt sicher lieber überlassen, als Aztech. Erst recht, wenn dieser anderthalb Millionen Nuyen bot.
„Ja, und das erklärt auch, wieso es keine weiteren Explosionen gab. Die haben sich da jetzt eingeklinkt und deshalb ist erstmal Ruhe.“ leon schien wirklich an eine weltumspannende Elfenverschwörung zu glauben und diese auch noch irgendwie zu glorifizieren.
„Naja, zumindest müssten wir uns keine Sorgen mehr um die Azzies machen“, warf Dust ein. „Sollen die sich doch untereinander einigen.“
„Ich kann euch jetzt nicht so ganz folgen“, mischte Ator sich ein.
Ich erhielt eine Textnachricht von Helm: „A:2.000.000“.
„Wir sind jetzt in einer kultivierten Phase angekommen“, erklärte leon. „Da sind jetzt so viele große Jungs dran beteiligt, da ballert man sich nicht mehr einfach so weg.“
Das schien Ator einzuleuchten.
„Für mich steht der Käufer eigentlich schon fest. Nur der Preis noch nicht“, unterbreitete ich meinen Standpunkt.
„Wer ist denn der Käufer?“, wollte Dust wissen.
„Goronagee.“ War doch offensichtlich, oder?<b/> „Ja, das denke ich auch: Goronagee.“ bestätigte leon mich, eines der wenigen Male in unserer gemeinsamen Runnerkarriere.
„Da bin ich auch dabei!“, verkündete Ator zu unser aller Überraschung.
„Du auch? Aber warum? Weil da Namen von Großdrachen in dem Dossier stehen?“, hakte Dust nach.
„Und weil nicht Aztech. Das ist mir wichtig. Auf die hab ich keinen Bock.“ Mehr hatte Ator zu dem Thema nicht zu sagen.
„Ihr würdet also auch an Lofwyr verkaufen?“, spitzte Dust die Frage zu.
„Ja, lieber als an Aztech“, musste ich gestehen.
„Ihr glaubt ernsthaft, die zahlen euch die Kohle und lassen euch gehen? Glaubt ihr echt, so läuft ein Deal mit Lofwyr?“ Dust schien ein wenig erschüttert.
„Nicht Lofwyr, einer von den unsterblichen Elfen. Und ja, ich glaube so läuft das.“ leon schien sehr überzeugt.
Ich sah Ator bedächtig nicken und musste selbst an unsere Erfahrungen mit den „unsterblichen Elfen“ denken. Ob sie nun wirklich unsterblich waren oder nicht. Sie hatten immer ordentlich bezahlt.

Timecode 14.02.2055 / 11:30:00[Bearbeiten]

Wir wechselten noch mehrfach die Location. Gegen 10:00 Uhr meldete sich Helm wieder. Angeblich handelte es sich bei dem zweiten Bieter um die Manadyne Corporation und die waren mittlerweile bereit, 2.5 Millionen zu bezahlen. Wir hatten also neben Aztech noch einen zweiten Konzern im Spiel.
Mir fiel ein, daß Topal für die Manadyne Corporation gearbeitet hatte. Möglicherweise stammte die Verbindung daher. Gleichzeitig schien Templeman, der tote Chummer unseres toten Auftraggebers, Mitglied bei den Mistish ti Goronagee gewesen zu sein. Das erklärte zwei von drei Parteien.
Nachdem wir auf leons Verschwörungstheortikerboard ein Dossier der Mistish ti Goronagee gefunden hatten, kamen wir, aus Unwissenheit, wie ich heute sagen muss, zu der Überzeugung es handele sich bei ihnen um die Guten. Was auch immer das bedeuten mag.
Der Vollständigkeit halber informierten wir uns noch über die Manadyne Corporation. Offenbar ein magisch orientierter Konzern, der Genies von unterschiedlichen Unis rekrutierte und mit Spruchdesign und anderen magischen Techniken Geld verdiente.

Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber die Summen stiegen weiter, ohne das weitere Bieter in Erscheinung traten. Uns wurde etwas mulmig und irgendwann war auf einmal sogar Dunkelzahn im Gespräch. leon hatte einige Folgen von Wyrm Talk gesehen und offenbar Sympathien für den Großdrachen entwickelt und ich glaube, dass ihr Zusammentreffen mit dem Großdrachen Ende letzten Jahres ein Übriges tat.
Die Sorge, eine Übergabe des Artefaktes an wen auch immer nicht zu überleben, ließ uns in Erwägung ziehen, das Artefakt öffentlichkeitswirksam zu vernichten. So würden wir zwar finanziell leer ausgehen, aber womöglich mit heiler Haut.
Aber waren wir wirklich bereit uns die ganzen Creds entgehen zu lassen? Nein.
Nach gefühlt ewig dauernden Abwägungen entschlossen wir uns schließlich, über Helm einen Deal mit den Mistish ti Goronagee einzugehen.

MeL 38: Flaschendämon Part 3 / Erlösung[Bearbeiten]

Timercode 14.02.2055 / 14:00:00[Bearbeiten]

Wir hatten erneut das Versteck gewechselt, und die Diskussion über den Umgang mit dem Artefakt war von Neuem entbrannt. Schließlich war es Ator, der es für an der Zeit hielt, Puppetmaster, unseren Neuzugang, dem wir letztendlich den Job und die damit verbundene Misere zu verdanken hatten, anzurufen. Er hatte seine familiären Verpflichtungen erfüllt und war nur zu bereit, einzusteigen. Allerdings hatte er eine unangenehme Neuigkeit in petto, als Ator ihn anrief.
„Ator, Mann, gut dich zu hören. Ich dachte schon sie haben dich!“ war das Erste, was Ator zu hören bekam, als er ihn der Magier anrief. „Da braucht es schon mehr als ’nen Hubschrauber und ein paar Vollidioten mit Plempen“, gab dieser zurück.
„Klar, Mann, aber für ’ne Million Kopfgeld kann man auch mehr auf die Beine stellen.“
„Peanuts!“ antwortete Ator, dem nicht ganz klar zu sein schien, was ihm gerade gesagt worden war.
„Peanuts!?!? Mann, für ’ne Million Nuyen würd‘ ich meine Großmutter verraten!“, gab Puppetmaster sichtlich erregt zurück.
Ich hatte genug mitbekommen, um das Telefonat zu unterbrechen.
„Nicht am Telefon! Wir treffen uns, dann reden wir!“ Offensichtlich hatte irgendwer ein Kopfgeld auf uns ausgesetzt, und da Triple-A-Konzerne im Spiel waren, war keine Leitung sicher genug.<br/ Ator machte mit Puppetmaster einen Treffpunkt etwa hundert Meter von unserem aktuellen Unterschlupf entfernt aus.
Und dann ging mir plötzlich das Licht aus…

Ich erwachte mit den Händen auf dem Rücken an einer Heizung festgezurrt und sah gerade noch, wie Ator ein Telefonat beendete. Ich wußte nicht, wie lange ich weggetreten war. Neben mir erwachte leon, ebenso gefesselt wie ich, während Dusts bewusstloser Körper nur von der Fesselung an der Heizung aufrecht gehalten wurde. Offenbar hatte unser Krokomant uns außer Gefecht gesetzt und in Fesseln gelegt.
„Ich hoffe du hast eine wirklich, wirklich, richtig gute Erklärung für diesen Scheiß!“, knurrte ich ihn an.
„Besser ist du machst uns los!“, fauchte leon.
„Ganz vorsichtig. Du bist mir lange genug auf dem Kopf rumgetanzt“, gab Ator seelenruhig zurück. „Damit ist jetzt Schluß!“
Das entlockte leon ein helles Auflachen.“Hahaha, ach komm Mann, das kann doch jetzt nicht dein Ernst sein! Was ist denn los mit dir? Was ist denn dein Problem?“
„leon, kannst du mal einfach die Schnauze halten!?!“, fuhr ich unsere italienische Labertasche an.
„Ja, dann klär du das mit deinem Freund!“, gab sie leicht beleidigt zurück.
Irgendwie schien sie komplett zu ignorieren, daß Ator in der linken Hand das seltsame Zepter und in der rechten sein Katana hielt. Eine Situation in der man, fuck off political correctness, in diesem Fall insbesondere Frau, ihn nicht reizen sollte.
„Okay, Ator, was ist los?“, wandte ich mich an meinen Schamanen-Chummer.
„Ich bin es leid! Wir verkaufen jetzt an diesen Elfen und fertig. Entweder ihr macht mit oder nicht.“
„Das ist doch das, worauf wir uns vor ein paar Stunden geeinigt hatten“, gab die gerade wieder zu Bewußtsein gekommene Dust von sich.
„Richtig, ich weiß, aber ich würde das gerne revidieren“, warf leon ein.
„Also,“, setzte ich erneut an, „das letzte, was mir dazu eingefallen ist: alle diese Jungs, die zu diesem Orden gehören, fangen sich automatisch die Todesstrafe ein, wenn die nach Tir einmarschieren. Und irgendwas ist da faul! Wir hatten das vorhin noch gesagt, ich weiß… aber es ist nicht unbedingt die feine Art, das einfach so zu regeln.“ Ich blickte Ator böse von unten an.
„Ja, und ich kann dir sagen, das sind womöglich nicht die Richtigen. Ich meine, die Richtigen für eine Welt, wie die, in der wir leben wollen“. leon hatte noch etwas recherchiert und war auf einige Details gestoßen. „Womöglich wollen die, dass das Böse auf die Welt kommt. Der Beweis wäre, voraussichtlich hat dieser Typ, der Anführer dieser Mistish ti Goronagee, Daniel Howling Coyote das Wissen beigebracht, den Großen Geistertanz durchzuführen, und dabei hat Daniel Blutmagie benutzt, von der wir wissen, dass sie dafür sorgt, dass das Böse, die Dämonen oder wie auch immer, früher kommt.“
Ator starrte sie verständislos an. „Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich dir folgen kann, aber ich muss dir dahingehend Recht geben, dass Blutmagie ganz übler Scheiß ist.“
„Siehste!“ Dabei nickte sie aufgeregt. „Und eben diese wird von den Mistish offenbar nicht nur praktiziert, sondern auch an andere weitergegeben.“
Das ließ Ator nachdenklich werden. Dennoch verließ er unser Versteck, um sich mit Puppetmaster zu treffen – zu unser aller Ärger natürlich, ohne uns aus unserer misslichen Lage zu befreien.
Uns blieb also nichts anderes übrig, als selbst zu versuchen, uns zu befreien.

„Was war denn hier gerade los?“, wollte Dust wissen, kaum das Ator den Raum verlassen hatte.
„Scheiße, Ator ist crazy“ antwortete leon, während ich versuchte, das Rohr, an dem ich gefesselt war, aus der Verankerung zu reißen.
„Das ist jetzt nicht wirklich was Neues. Neu ist aber, dass er auf Fesselspiele steht. Oder hab ich da bisher was verpasst?“
„Ladies, können wir das auf später vertagen und uns erstmal darum kümmern, hier los zu kommen?“ Die Kabelbinder, die Ator benutzt hatte, um uns zu fesseln, schnitten mir unangenehm in die Handgelenke und es sah nicht so aus, als würde ich allein aus eigener Kraft los kommen. Gemeinsam gelang es uns schließlich, die Fesseln zu lösen, doch als leon einen Blick aus dem Fenster warf entdeckte sie eine Frau, die sich auf der Straße rumtrieb und ihre Aufmerksamkeit erregte.
Die Unbekannte war 1.95m groß, mit blasser Haut, gehüllt in ein Fransenlederoutfit. Auf ihrem Rücken trug sie ein Schwert. Fast gleichzeitig fiel ihr Blick auf Ator, der auf jede Form vom Heimlichkeit verzichtend, gemeinsam mit Puppetmaster auf unser Versteck zuhielt.
Sie gab ihre Beobachtungen an uns weiter und wir überlegten, wie wir uns verhalten sollten.
Ich suchte mir eine Position ein Stockwerk höher, während Dust und leon ihre Position an der Eingangstür des Gebäudes fanden.
Es schien, als habe die Unbekannte eher Interesse an Ator und Puppetmaster denn an unserem Versteck.
Ich legte mein Ares Alpha auf sie an. Ich wollte keine wertvollen Sekunden mit dem Finden des Ziels verschwenden und behielt sie so im Auge. Durch die Sichtvergrößerung erkannte ich ihre Gesichtszüge. Sie schien Mitte, Ende Dreißig zu sein. Ihre Mimik ließ auf ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein schließen, und ihre Augen ließen mir einen Schauder über den Rücken laufen. Es schien, als wisse sie, daß ich sie betrachte und könne es gleichzeitig ignorieren.
Sie hielt weiter auf unsere beiden Chummer zu, ohne dass diese sie bemerkt hatten.
Schließlich stand sie vor ihnen und schien Ator anzusprechen, ohne daß sich ihr Mund bewegte.
Ator berichtete später, er habe eine Stimme vernommen, wie im Gespräch mit Hestaby, einfach eine Stimme in seinem Kopf:
„Es ist nicht für dich bestimmt! Ich werde es vernichten, wenn du es mir überreichst.“
„Vernichten!?!?!“, formte Ators Mund.
Puppetmaster starrte die beiden ungläubig an. „Chummer, was ist hier los? Wer ist die Alte?“
Ator schien ihn zu ignorieren. „Das ist ja die beste Option, die ich bisher gehört habe.“
Ohne zu zögern übergab Ator der Fremden das Artefakt und ich war eine millionstel Sekunde davon entfernt, ihren Kopf in eine Vollmantelgeschoßzielscheibe zu verwandeln, als sie vor meinen Augen verschwamm. Ihr Gestalt wuchs und streckte sich, bekam Federn und sogar Flügel. Ihr Gefieder schien in tausend Farben zu funkeln, als sie mit ihren Flügeln Schwung holte und sich in die Luft erhob. Ich hatte schon gefiederte Schlangen gesehen, damals im Krieg, aber noch nie eine so große. Hatten wir abermals die Aufmerksamkeit eines Großdrachen erregt?
Sie schleuderte das Artefakt in den Himmel und verbrannte es mit ihrem feurigen Drachenatem zu Staub.
Dust stand plötzlich neben mir. Und wir starrten gemeinsam auf die potentiellen Millionen Nuyen, die gerade in einem feinen Ascheregen auf die Straßen von Seattle nieder gingen, während die gefiederte Schlange ohne einen weiteren Blick oder Kommentar davonflog.
leon sprintete unvermutet aus dem Haus zu unseren Chummern. Dust und ich brachen unsere Zelte ebenfalls ab und traten auf die Straße. leon standen kleine Tränen im Gesicht, und ich beglückwünschte mich innerlich dazu, meine Helmkamera nicht ausgeschaltet zu haben. So hatte ich nicht nur Bildmaterial von der Vernichtung des Artefakts, auf das so viele Parteien scharf gewesen waren, sondern auch von unserer Wetworkerin mit Tränchen. Trotz dieses innerlichen Triumphs konnte ich mir eine Ansage in Richtung Ator nicht verkneifen.
„Sag mal, hab ich da gerade vier Millionen in Luft aufgehen sehen?“
„Aah, ja Mann…“ fiel mir leon ins Wort.
„Moment, ich bin noch nicht fertig! Ich hätte nichts dagegen, da vier Millionen in Luft aufgehen zu sehen, wenn ich gleichzeitig unsere Verfolger in Luft aufgehen sehe. Ich hab‘ nur das Eine gesehen, nicht das Andere.“
„Du hast es doch gefilmt, oder?“ leon schien sich rückversichern zu wollen.
„Ja, natürlich, wie besprochen. Ich verstehe nur nicht ganz, wie uns das helfen soll.“
„Naja, das Ding strahlt doch irgendwie. Also ich meine, wir glauben doch, dass man es orten kann…“, gab Dust ihr Verständnis der Magie wieder.
„Und ich meine, wir sollten mal von der Straße runter!“, mischte Puppetmaster sich ein, der bisher in ungläubigem Starren verharrt hatte. „Schließlich sind immer noch ’nen Haufen Nuyen auf euch ausgesetzt.“

Timecode 14.02.2055 / 17:00:00[Bearbeiten]

Wir waren in einem weiteren Unterschlupf untergekommen, und an diesem Punkt muß ich leons Wahl ausdrücklich loben. Der Unterschlupf bot die Möglichkeit zu pennen, verfügte über einen einigermaßen gefüllten Kühlschrank und so etwas wie ein Wohnzimmer, in dem wir uns alle niederließen. Der Zauber von Ator saß leon, Dust und mir noch in den Knochen.
„Ich will’s nur verstehen. Vor keinen drei Stunden wolltest du das Ding nicht aus der Hand geben und jetzt übergibst du es einfach und lässt es vernichten“, begann Dust den Reigen.
„Das stimmt so nicht!“ gab Ator zurück. „Vernichten war immer eine Option.“
Ich mußte ihm innerlich zustimmen.
„Und es war eigentlich die präferierteste Option“, stimmte auch leon zu.
Naja, das stimmte so wohl nur für sie.
„Aber eigentlich wolltest du es behalten oder im Notfall für ganz, ganz viel Geld verkaufen“, hakte Dust nach.
„Das stimmt auch nicht. Ich wollte es nie behalten!“ verteidigte sich Ator.
Das hatte ich etwas anders in Erinnerung.
„Okay, aber kanntest du die Alte?“ mischte sich Puppetmaster ein. „Ich meine, was wäre gewesen, wenn die das Ding nicht vernichtet, sondern damit auf dich eingeschlagen hätte?“
„Dann hätte ich sie mit meinem Schwert zur Strecke gebracht!“ Ator ließ keinen Zweifel in seinen Worten.
Da war er wieder, unser Krokomant, wie wir ihn kannten.
„Wie auch immer. Es ist das Beste, was passieren konnte. Zu viele Parteien haben sich um das Ding gestritten, und jetzt ist es aus der Sechsten Welt. Damit kann der Streit enden.“
Das klang jetzt doch wieder etwas befremdlich.
„Ja, aber wir haben die Kohle nicht“, versuchte ich es mit einem Appell an Ators Gier.
„Das ist möglicherweise zweitrangig“, überraschte mich Ator. „Das Ding gehörte vielleicht einfach nicht her. Aber können wir versuchen, etwas mehr über diese gefiederte Schlange in Erfahrung zu bringen?“
Abermals ein Lob an leon, die für eine vernünftige Matrixanbindung in dem Unterschlupf gesorgt hatte. Sie übermittelte ein paar Bilder meiner Helmkamera an eine Deckerconnection und bat um Informationen. Sie hatte die Nachricht gerade abgeschickt, als es unverhofft an der Tür des Unterschlupfes klopfte. Wir schreckten alle hoch. leon war mit einem Satz an der Tür, öffnete sie erst einen Spalt, dann stieß sie sie weit auf.
In der Tür stand Harlekin, gekleidet in schwarzes Leder mit drei schwarzen Luftballons in der einen und einem Kasten Bier in der anderen Hand, den er schwungvoll in den Raum warf.
„Prost!“
Unsere Blicke folgten fast zwanghaft dem Mehrfachbiergeschoß, welches jedoch in Dust eine geschickte Fängerin fand.
Als wäre damit alles gesagt, nutzte der Elf die Ablenkung, schloss die Tür und war verschwunden. Was wir auch unternahmen, es ließ sich kein Hinweis darauf finden, dass er überhaupt dagewesen wäre, außer einem Kasten gut gekühlten Biobiers.
Letztlich griffen wir alle nach einer Flasche.
„Wenn uns Harlekin ’ne Kiste Bier spendiert, dann haben wir wohl was richtig gemacht“, konnte ich mir nicht verkneifen und prostete ich den anderen zu.
„Auf ’ne Kiste Bier, statt Millionen Nuyen! Was ist schon Geld?“ prostete Puppetmaster zurück, der nach wie vor etwas verwirrt ob der Gesamtsituation schien. „Leute, was ist denn hier los? Artefakte, Kopfgelder, gefiederte Schlangen, bemalte Elfen, die in ’nem geheimen Unterschlupf ne Kiste Bier vorbeibringen. Was kommt als Nächstes?“

Fortsetzung[Bearbeiten]

Die Fortsetzung der Story um die Runner findet sich unter Memoiren eines Lichtträgers / Harlekins Rückkehr - Part 1

Quellen[Bearbeiten]

Die geschilderten Geschehnisse beruhen auf den Erlebnissen der SC-Gruppe von Benutzer Goronagee. Neben den oben genannten Romanen und Abenteuern fanden folgende Sourcebooks Verwendung:

Liste der Sourcebooks:

Weblinks[Bearbeiten]